Alternative Medienarbeit in Berlin, 20. April 2018

Workshop des DFG-Forschungsprojektes

wer nicht produziert, lebt reduziert!
Alternative Medienarbeit in Berlin in Ost und West bis 1990

Berlin, 20. April 2018

 

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Langzeitprojekt »Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945-2005« schließt an die 2005 erschienene Dokumentarfilmgeschichte der ersten 50 Jahre an. 

In dieser Periode von 60 Jahren hat sich das Verständnis, was unter einem Dokumentarfilm zu verstehen ist und was ein guter Dokumentarfilm ist, mehrfach grundsätzlich gewandelt. Denn er unterliegt technischen, ökonomischen und stilistischen Veränderungen. Auch die theoretische Auseinandersetzung und die Debatten um dieses Genre haben sich gewandelt wie auch das Selbstverständnis der FilmemacherInnen. Die drei Teilprojekte des Projektes orientieren sich am Konzept der New Film und New Cinema History und werden die dokumentarische Filmproduktion in ihren komplexen Zusammenhängen darstellen. Im Mittelpunkt steht der Dokumentarfilm im Kino, der bisher noch nie umfassend einbezogen wurde. Auch Sub- genres der dokumentarischen Filmproduktion werden behandelt. Neben dem Projektteam bringen zahlreiche externe Autoren und Autorinnen ihr Spezialwissen ein. Die Buchpublikation mit den Ergebnissen ist für 2020 geplant. Schon im Frühjahr 2018 wird die Datenbank des Projektes mit über 13.000 Einträgen online gestellt werden.

Die Videobewegung in Berlin ist ein sehr gutes Beispiel für die gesellschaftlichen Einflüsse auf die dokumentarische Filmproduktion. Das neue Medium Video ermöglichte eine völlig andere Produktion als mit den schwerfälligen 35 mm Kameras der 1950er Jahre oder selbst der mobilen 16 mm Technik mit synchroner Tonaufnahme der 1960er Jahre. Bild und Ton konnten bei Video zusammen aufgenommen und sofort vorge- führt werden. Das Videoband zeichnete sehr lange am Stück auf. Es wurde von einer Demokratisierung der Medienproduktion gesprochen, die insbesondere von linken Mediengruppen für die Aufklärung der Gesellschaft genutzt wurde.

Zahlreiche Mediengruppen nutzten in den 1970/80er Jahren die kostengünstige Videotechnik, um für Gegenöffentlichkeit zu sorgen und um gesellschaftliche Verän- derungsprozesse in Gang zu setzen. Nach 1968 war die bundesdeutsche Gesellschaft im Umbruch. Mit ihren Videoproduktionen über besetzte Häuser, den Kampf gegen Atomkraft und für den Frieden, die Frauen- und Schwulenbewegung unterstützten sie politische Initiativen und wurden wichtiger Teil der alternativen Kultur. Diese Ziele und neuen Möglichkeiten trafen in West-Berlin auf fruchtbaren Boden. In Ost-Berlin wurde eine kritische Videoarbeit erst zum Ende der 1980er Jahre möglich.

Der Workshop vertieft die Diskussionen zum Thema Ge- genöffentlichkeit auf dem Hamburger Cinefest 2014 und schließt daran an. Mit dem Workshop will das DFG- Forschungsprojekt zur Dokumentar lmgeschichte nach 1945 noch einmal MitstreiterInnen als Zeitzeugen in Ost und West befragen. Ausschnitte wichtiger Produktionen sollen vorgeführt werden. Dabei gilt es, den historischen Kontext ebenso zu beleuchten wie über Theorie und Pra- xis, über Anspruch und Wirklichkeit alternativer Medien- arbeit zu re ektieren.

Dabei sind nach einer Einführung der Kuratoren Thomas Beutelschmidt und Kay Hoffmann folgende drei Schwerpunkte geplant:

  • ·  politische Videoarbeit der Medienoperative Berlin (MOB)
  • ·  kreative Grenzüberschreitungen zur Kunst durch Confu-Baja-Video
  • ·  Ansätze einer Videoarbeit in Ost-Berlin.

Die Schlussdiskussion soll die Erfahrungen der Videobewegung in einen Gesamtzusammenhang stellen. Wie ging es nach 1990 weiter? Wie problematisch ist die Archivierungssituation dieser Produktionen? Was kann der Videoaktivismus heute von der Videobewegung lernen?

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